[Dreierlei]

Die selbstquälerische[,] schwerfällige[,] oft lange stockende aber im Grunde doch un­aufhörliche Wellenbewegung alles Lebens, des frem­den und eige­nen, quält ihn, weil sie unauf­hör­lichen Zwang des Den­kens mit sich bringt. Manchmal scheint ihm, daß diese Qual den Ereig­nissen vor­hergeht. Als er hört, daß seinem Freund ein Kind geboren werden soll, erkennt er, daß er dafür schon früher als Denker gelitten hat.

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Er sieht zweierlei: das Erste ist die ruhige, mit Leben erfüllte, ohne ein gewis­ses Behagen unmögliche Be­trach­tung, Erwä­gung, Unter­su­chung, Ergie­ßung. Deren Zahl und Mög­lich­keit ist end­los […], selbst dort, wo nicht die gering­ste Ritze ist[,] kön­nen sie[,] ein­an­der durch­drin­gend[,] noch zu tau­senden und aber­tau­senden leben. Das ist das Erste. Das Zweite aber ist der Augen­blick, in dem man vor­geru­fen Rechen­schaft geben soll, keinen Laut hervor­bringt, zurück­geworfen wird in die Be­trach­tungen u.s.w., jetzt aber mit der Aus­sichts­losigkeit vor sich un­möglich mehr darin plätschern kann, sich schwer macht und mit einem Fluch versinkt.

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Er erinnert sich an ein Bild, das einen Sommer­sonntag auf der Themse darstell­te. Der Fluß war in seiner ganzen Breite weit­hin an­gefüllt mit Booten, die auf das Öffnen einer Schleuse warte­ten. In allen Booten waren fröhliche junge Men­schen in leich­ter heller Klei­dung, sie lagen fast, frei hingegeben der warmen Luft und der Wasser­kühle. Infolge alles dieses Gemein­samen war ihre Gesel­lig­keit nicht auf die einzelnen Boote einge­schränkt, von Boot zu Boot teilte sich Scherz und Lachen mit.

Er stellte sich nun vor, daß auf einer Wiese am Ufer – die Ufer waren auf dem Bild kaum angedeutet, alles war be­herrscht von der Versamm­lung der Boote – er selbst stand. Er betrachtete das Fest, das ja kein Fest war, aber das man doch so nennen konnte. Er hatte natürlich große Lust sich daran zu beteiligen, er langte förm­lich da­nach, aber er mußte sich offen sagen, daß er davon ausge­schlos­sen war, es war für ihn unmöglich sich dort ein­zu­fü­gen, das hätte eine so große Vor­berei­tung verlangt, daß da­rüber nicht nur dieser Sonn­tag, sondern viele Jahre und er selbst da­hin­gegangen wäre, und selbst wenn die Zeit hier hätte still­stehn wol­len, es hätte sich doch kein an­deres Ergeb­nis mehr erzielen las­sen, seine ganze Abstam­mung, Erziehung, körper­liche Ausbildung hätte anders geführt werden müssen.

So weit war er also von diesen Ausflüglern, aber damit doch auch wieder sehr nahe und das war das schwerer Begreif­liche. Sie waren doch auch Men­schen wie er, nichts Menschliches konnte ihnen völlig fremd sein, würde man sie also durchfor­schen müßte man finden, daß das Gefühl, das ihn be­herrschte und ihn von der Wasser­fahrt aus­schloß, auch in ihnen lebte, nur daß es allerdings weit davon ent­fernt war sie zu be­herr­schen, sondern nur irgend­wo in dunklen Winkeln geisterte.